Wo steht die Solothurner FDP?

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Erklärungen für den Niedergang gibt es mehr als es noch solothurnische Freisinnige gibt. Für die einen hat sich die schweizerische Partei zu sehr an die SVP angenähert, wofür nun der Freisinn solothurnischer Prägung büssen müsse. Für die andern ist die Partei entweder zu männlich, zu wirtschaftsnah, zu abgehoben oder es fehlt ihr schlicht an engagierten Mitgliedern und süffigen Marketing-Ideen. Eine weitere Fraktion, zu der ich mich zähle, kritisiert das opportunistische Abdriften nach links in eine undefinierbare Mitte. Dort fühlen sich insbesondere die zahlreichen Postenjägerinnen und Postenjäger der Partei am wohlsten, weil die politische Beliebigkeit ohne Grundsätze den grössten persönlichen Spielraum und die breiteste Zustimmung bietet. Legitimiert wird die Position mit einem Verweis auf die solothurnische Tradition der Volkspartei, die zwei Flügel brauche, um fliegen zu können. Nur scheinen die Freisinnigen noch nicht realisiert zu haben, dass sie längst keine Volkspartei mehr sind und dass den Parteien ohne Profil die Basis davonläuft. Wie wenig Basis der Freisinn noch hat, kann an jedem beliebigen Parteianlass vor Ort besichtigt werden.

Obwohl viele Freisinnige vehement abstreiten, dass die Solothurner FDP nach links abgedriftet ist, gibt es zumindest starke Indizien, die dafür sprechen. Die Solothurner Zeitung hat im vergangenen Februar die Abstimmungen im Kantonsrat ausgewertet und basierend darauf eine politische Einordnung auf einer Skala von -10 bis +10 vorgenommen. Das ist interessant, weil die NZZ bereits seit Jahren ein solches Rating für die eidgenössischen Räte erstellt und dabei die selbe Skala anwendet. Die beiden Auswertungen lassen sich nicht direkt vergleichen, weil die NZZ eine viel ausgefeiltere Methodik anwendet. Aber die Unterschiede sind so markant, dass sie zumindest Fragen aufwerfen - insbesondere zur Positionierung der FDP im Kanton Solothurn. Im letzten Parlamentarierrating der NZZ von 2023 steht die FDP rechts der Mitte bei Werten von +1,0 bis +2,7. Im Ratimng des Solothurner Kantonsrats belegt sie den Raum von -2 bis +0,5. Wobei nur zwei Kantonsräte rechts der Mitte bei +0,5 liegen. 22 liegen links der Mitte und einer exakt auf dem Nullpunkt. Die Solothurner Zeitung, offenbar selbst etwas baff, schreibt, der Nullpunkt auf der Skala entspreche "aber nicht zwingend der moderatesten Position". Auch wenn die Auswertung nicht über alle Zweifel erhaben ist, so liefert sie doch deutliche Hinweise darauf, dass die FDP im Kanton Solothurn deutlich weiter links politisiert als ihre Mutterpartei. Dass im Solothurner Rating der Abstand zwischen dem rechtesten Freisinnigen und dem linksten SVP-Vertreter ganze 7, respektive 8 Punkte beträgt, während er im NZZ-Rating bei 3,7 Punkten liegt, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass im Solothurner Kantonsrat  eine Art Brandmauer besteht. Oder anders interpretiert, dass es im Kanton Solothurn zwischen FDP und SVP reichlich Platz für eine weitere bürgerliche Partei gäbe.

Wie auch immer: Offensichtlich ist, dass die Solothurner FDP ein Problem hat. Offensichtlich ist auch, dass ihre Positionierung unklar und die Strategie umstritten ist. Sie wird um eine Klärung nicht mehr herumkommen. Aber es deutet nichts darauf hin, dass die Mandatierten und die Parteispitze eine solche Klärung herbeiführen werden. Im Gegenteil: Es konnte nach der herben Wahlniederlage nicht schnell genug gehen, das Präsidium wieder zu besetzen und weiter zu machen wie bisher. Das Motiv ist relativ offensichtlich: Findet die Klärung statt, wird die Partei massiv Mitglieder verlieren und vorerst noch tiefer in die Krise stürzen. Das kostet Posten und Ämter. Deshalb ziehen es viele Leute in den verantwortlichen Positionen vor, das Problem weiterhin auszusitzen. Oder anders gesagt: Sie lassen die Partei lieber langsam untergehen, als energisch das Steuer herumzureissen. Bleibt die Basis, falls es sie überhaupt noch gibt: An der letzten Delegiertenversammlung anfangs Juni gab sie immerhin ein Lebenszeichen von sich, als sie bei der Kita-Vorlage die mutlose Empfehlung für Stimmfreigabe verwarf und die Nein-Parole beschloss. Sie müsste die Klärung des politischen Kurses erzwingen, wenn sie die Misere beenden will. Tut sie es nicht, sei die Prognose erlaubt: Die FDP wird noch deutlich tiefer sinken müssen, bis etwas passiert.

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